Anna Höfler
aus Maria Enzersdorf. Ich lade Sie zum Gedankenaustausch ein.


Um ca 11:00 betrat ich heute das Krankenzimmer meines Patient.
Ich merkte sofort, dass sein Bettnachbar gerade die Augen für immer geschlossen hatte.
Gestern stellte er mir noch die Frage, wofür er das schöne Haus gebaut hat, der Sohn hat keine Kinder...
Sein Sohn besuchte ihn oft, aber machte gerne zynische, witzige Bemerkungen zum Vater:Jetzt müsse er folgen...
"Opa" hat es garnicht bemerkt, auch den anderen fiel es nicht gleich auf.
Eine junge Hilfschwester war total überrascht:"Damit habe ich nicht gerechnet!"
Gegenüber von "Opa"liegt noch ein anderer Patient in den letzten Abschiedsstunden, Besucher kommen und gehen, keiner merkt es.
Blutabnahme, Untersuchungen, Zimmer putzen, Essen austeilen, die Routine wird fortgesetzt, aber wie geht es uns allen damit?
Eine ca 50 jährige Schwester lächelt mir verhalten und still zu. Im Schwesternzimmer herrscht Hektik. Telefonanrufe an die Angehörigen..
Bett mit dem Verstorbenen wird in ein Ambulanzzimmer geschoben, Nachtkasterl ausgeräumt.
Ein friisch überzogenes Bett wird nun ins Krankenzimmer gefahren und wartet auf den nächsten Patienten.
Beim Weggehen werfe ich noch schnell einen Blick ins Ambulanzzimmer und verabschiede mich mit einem kurzen Gebet.
simon meinte am 10. Sep, 20:43:
eine gute Freundin...
von mir, Ihr Name ist Irene, hat jahrelang - wie Sie - Sterbende begleitet und versucht, Ihnen die letzten Tage und Stunden so erträglich wie möglich zu machen.

Wir haben viele Nächte darüber diskutiert , wie Ihr es möglich ist, in jungem Alter soviel Kraft aufzubringen, denn ich vermute mal, ich hätte sie nicht!

Ich kann nur erahnen, wieviel Mut und Stärke Sie aufbringen.

Seien wir doch mal ehrlich,- wer von uns allen beschäftigt sich schon gerne mit Krankheit, Sterben und Tod.

Wahrscheinlich ist dies der Grund, warum ich Ihre Gedanken gerne lese.
Denn sie geben mir die Gewissheit auch in schweren Stunden ist jemand da - wenn es den Freunden und Angehörigen zu schwer wird - bringt jemand diese Kraft auf.

Dafür ein herzliches Danke.

 
AnnaHoefler antwortete am 12. Sep, 18:37:
Komme gerade vom 26 Stunden Einsatz...
Lb. Internetschreiber/in "simon".
Ich kam gerade sehr ausgelaugt nach Hause und finde jetzt Ihre Zeilen, Mensch das tut gut!!!
Angehörige der Patienten/innen finden oft die skurilsten Ausreden, während der/ die Sterbende röchelt und nur leise "Wasser" flüstert, oder lange schweigend unsereins mit den Augen fixiert, sind sie beschäftigt mit Obst pflücken, jagen, Waldspaziergänge, Autorennen, Urlaub machen, Feste feiern etc.
Ausreden und nichts als Ausreden, ja manchmal gewinne ich den Eindruck, dass sich jeder sozial engagierte Helfer zunächst den Vorwurf ein Helfersyndroms zu haben gefallen lassen muss, dass ist irgenwie pervers, aber so ist das eben. (Selbstverwirklichungsphilosophie und Egoismus)
Trotzdem mache ich den Dienst mitlerweilen sehr gerne, weil ich mich da wirklich nicht hinter "Rollen" (wie manche Politiker) verstecken muss, sondern als einfacher Mensch, für Menschen in Extremsituationen da bin.
Ein EXTRA-DANKE!!! und ganz lieben Gruß! Anna Höfler 
 

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